Unvergessen: seine inspirierenden Vorträge, seine klugen Schriften, sein Charme und Wiener Schmäh. Ein Großer – so hätte er sich freilich selbst nie gesehen – der österreichischen Bildungsforschung ist tot. Er verstarb nach schwerer Krankheit am Mittwoch, dem 7. April 2020, in Wien im 74. Lebensjahr.
Er war Wiener von Geburt und blieb dieser Stadt sein Leben lang treu. Nach einer Elektrotechnik-Ausbildung an einer Höheren Technischen Lehranstalt zog es ihn als junger Ingenieur erst einmal nach Südafrika, wo er einige Jahre für ein großes Elektrounternehmen tätig war. Wieder zurück in Wien begann er ein Studium an der Berufspädagogischen Akademie, welches er mit der Lehramtsprüfung abschloss. In der darauffolgenden mehrjährigen Tätigkeit als Berufsschullehrer, die er mit Freude und viel Engagement ausübte, lernte er nicht nur das pädagogische Handwerkszeugs von Grund auf, er begann sich auch mehr und mehr für die theoretische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Fachbereich der Berufsausbildung zu interessieren. Ab 1978 inskribierte er deshalb ein berufsbegleitendes Studium der Pädagogik und Politikwissenschaft an den Universitäten Wien und Klagenfurt, das er 1984 mit der Promotion abschloss. Ab 1985 war er Lehrbeauftragter und ab 1988 Professor an der Agrarpädagogischen Akademie Wien. Doch die universitäre Wissenschaft und Forschung ließ ihn nicht mehr los. Ab 1986 übernahm Erich Ribolits diverse Lehraufträge und Gastprofessuren an verschiedenen österreichischen Universitäten. 1996 erfolgte seine Habilitation und 2000 die Verleihung des Titels „Universitätsprofessor“. 2006 wechselte er an das Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien, wo er bis zu seiner Pensionierung 2008 in Forschung und Lehre sowie als Leiter der Forschungseinheit „Aus- und Weiterbildung“ tätig war. Doch der „Ruhestand“ war nicht seine Sache. Erich Ribolits war weiter ein gefragter Lehrbeauftragter an den Universitäten Wien, Klagenfurt und Graz – er schrieb, hielt Vorträge, diskutierte für sein Leben gern und übernahm Aufgaben als Herausgeber von Zeitschriften und in diversen Funktionen, wie zum Beispiel als Mitglied der Akkreditierungsgruppe von Ö-Cert.
Wo anfangen bei seinen Verdiensten – und wo aufhören? Letzteres ist nicht als rein rhetorische Frage gemeint, sondern als Hinweis darauf, dass Erich Ribolits in seinen Büchern, Schriften, Vorträgen und Diskussionsbeiträgen noch lange fortwirken wird. Dies gilt nicht nur für die Scientific Community der Aus- und Weiterbildung, der Berufspädagogik und der Bildungswissenschaft insgesamt, sondern vor allem für die Vielzahl an Studierenden und Teilnehmenden, denen Erich Ribolits ein hoch geschätzter Lehrer – oft sogar lieber Freund war. Erich Ribolits gehörte einer Generation von Lehrenden und WissenschaftlerInnen an, die aufgrund ihrer politischen Sozialisation in den 1968er Jahren den demokratischen Grundsätzen von Mündigkeit, Solidarität, Mitbestimmung und Gleichheit zutiefst verbunden waren. Dies spiegelt sich nicht nur in seinen Büchern und Schriften wieder, die einem kritisch-emanzipatorischen Bildungsdiskurs verpflichtet waren, sondern auch in seiner Lehr- und Leitungstätigkeit, die immer auf gegenseitigem Respekt, auf Achtung und Kollegialität beruhte. Die Universität war für ihn kein „Elfenbeinturm“, sondern ein bunter Tummelplatz von Ideen, Ort kritischer Reflexion und Auseinandersetzung – kurz: ein Teil unserer „polis“.
Für Erich Ribolits war die Welt gestaltbar und veränderbar. Diskussionen und Debatten bereiteten ihm Lust und Freude, er vertrat seine Standpunkte hartnäckig, aber immer mit einem Schuss „Wiener Schmäh“. Er liebte das Leben, seine Frau und Familie und seine Freunde!
Lieber Erich, Du wirst uns allen unendlich fehlen!
Elke Gruber, Graz, am 8. April 2021