„Basierend auf den bis Oktober verfügbaren Verbrauchsdaten für Erdgas, Erdölprodukte und Elektrizität haben wir eine Prognose für die österreichischen Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2023 erstellt. Demnach werden diese heuer gegenüber 2022 um etwa sieben Prozent sinken – das entspricht rund fünf Millionen Tonnen“, berichtet Gottfried Kirchengast, Klimaforscher am Wegener Center der Universität Graz. Die geschätzte Genauigkeit der Vorhersage liege bei zwei Prozent.
„Bereits 2022 war ein deutlicher Rückgang der Emissionen zu verzeichnen, der heuer noch übertroffen werden dürfte. Die Jahre seit 2021 weisen erstmals einen Trend aus, der die für 2030 vorgesehenen Reduktionen gemäß den EU-Klimazielen erreichbar erscheinen lässt, wenn diese Abbaurate fortlaufend anhält“, so Kirchengast.
„Ursachen für diesen Teilerfolg beim Klimaschutz sind bisher überwiegend Sondereinflüsse, wie unter anderem der Preisdruck bei Energie und die, am BIP gemessen, weitgehend stagnierende wirtschaftliche Aktivität“, erklärt der Forscher und ergänzt: „Auch mehr erneuerbare Energie und Effizienz beim Verbrauch wirken schon mit.“ Die große Herausforderung sei es nun, durch langfristig wirksame Neustrukturierungen die Klimaziele tatsächlich zu erreichen.
>> Details zur Emissionsreduktion in Österreich
Rekordjahr der globalen Erwärmung zeigt Dringlichkeit des Emissionsabbaus
Ein weiterer Umstand, der den Abbau der Emissionen nicht nur in Österreich umso dringlicher macht, ist weniger erfreulich. „2023 wird global gesehen eindeutig das heißeste Jahr seit Beginn der Datenreihe im 19. Jahrhundert, also relativ zum vorindustriellen Niveau“, gibt Kirchengast zu bedenken. Mit seinem Team behält der Forscher die Erwärmung weltweit im Blick und hat auch dafür Prognosen gerechnet.
„2023 wird die globale mittlere Oberflächentemperatur nach Definition des Weltklimarats IPCC voraussichtlich erstmals um mehr als 1,4 Grad über vorindustriell ansteigen, die oberflächennahe Lufttemperatur sogar um 1,5 Grad. Das ist eine starke Zunahme selbst unter Berücksichtigung des Phänomens El Niño, das derzeit den tropischen Pazifikraum stark erwärmt und zusätzlich etwa 0,15 Grad Erhöhung bewirkt“, sagt Kirchengast. Im letzten stark ausgeprägten El-Niño-Jahr 2016 sei die Erwärmung noch deutlich unter 1,4 Grad gelegen.
„Da sich der durch unsere Emissionen angetriebene Temperaturanstieg nicht innerhalb eines Jahrzehnts stoppen lässt, bedeutet das, dass die langfristige Erwärmung bereits zwischen 2030 und 2034 die 1,5 Grad erreichen wird. Die Nähe zu diesem Wert im heurigen Jahr ist insofern ein extrem ernstes Warnsignal, dass wir hoch aktiv am Pariser Klimaziel arbeiten müssen. Das heißt, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad, mit dem Bemühen Richtung 1,5 Grad, zu begrenzen“, folgert der Forscher. Eine tiefgreifende Senkung der Emissionen schon bis 2030 erfordere ein aktives Klimaschutz-Management auf allen Ebenen, von Staaten über Unternehmen bis hin zu Einzelpersonen.
Online-Datenportal zu Treibhausgas-Emissionen und Klimawandel
Aktuelle Infos zur Entwicklung von Treibhausgas-Emissionen, Temperatur und weiteren wichtigen Indikatoren für den Klimawandel bereitet ein Team um Gottfried Kirchengast im öffentlich zugänglichen Online-Datenportal der Universität „Graz Climate Change Indicators“ (GCCI) auf. Dieses bietet zuverlässige Informationen für Österreich, Europa und Global ab 1960 sowie Zukunftsszenarien bis 2050, die sich an den Pariser Klimazielen orientieren.
Alle diese Forschungen sind Teil des Profilbereichs „Climate Change Graz“ der Universität Graz.
Weitere Links zum Online-Datenportal GCCI
>> Daten zu Österreichs Treibhausgas-Emissionen
>> Daten zur globalen Erwärmung